fluid im Gespräch mit Michael Gruber    

Es gibt exzellente Techniker, die selbst bei komplexen Maschinenkonstruktionen wirklich jedes winzige Teil kennen und bewerten können. Zu diesen Menschen gehört zweifelsohne Michael Gruber von der Firma ROPA Maschinenbau in Sittelsdorf. Davon konnte sich fluid vor Ort überzeugen.

Autor: Franz Graf, Chefredakteur "fluid"

 

Herr Gruber, stellen Sie bitte die Ropa Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH vor.
Im Jahr 1986 gründete Hermann Paintner, der heutige Ropa-Eigentümer, zusammen mit dem Händler Rockermeier das heute in Sittelsdorf ansässige Unternehmen. Aus den Namen Rockermeier und Paintner leitete sich schließlich das Kürzel Ropa für den Firmennnamen ab. Aufgrund des für bayerische Verhältnisse etwas ungewöhnlichen Namens hat es einige Jahre gebraucht, bis er sich so richtig etabliert hat, aber mittlerweile ist der Name aus der Zuckerrübenernte nicht mehr weg zu denken.

Ropa ist ein innovativer Hersteller von Zuckerrüben-Erntemaschinen und Reinigungsladern. Ich bin mir sicher, dass ich das ausgesprochene Eigenschaftsmerkmal innovativ im Laufe des weiteren Gesprächs auch belegen kann. Jetzt aber zurück zur Firmenchronik: Um bestmöglichen Kundendienst und Ersatzteilversorgung auch außerhalb von Deutschland zu gewährleisten,  wurden Tochterunternehmen in Frankreich, in der Ukraine, Russland und Polen gegründet, in denen 100 Mitarbeiter für Kundendienst, Ersatzteillager und Vertrieb beschäftigt sind. Ropa beschäftigt heute insgesamt rund 350 Mitarbeiter. Wir haben im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 127 Millionen Euro erwirtschaftet.

 

Auffällig ist: Die beiden bekannten Hersteller von Zuckerrübenmaschinen ROPA und Holmer haben ihren Firmensitz in unmittelbarer Nachbarschaft. Ist das Zufall oder gab es in der Vergangenheit eventuell sogar Gemeinsamkeiten?
Das ist kein Zufall. Unser Chef Hermann Paintner hat 1972 die erste Maschine selbst  aus Schrott entwickelt und zur Funktion gebracht. Und kaufen wollten die umliegenden Bauern auch. Als Landwirt verfügte er aber nur über eine kleine Werkstatt auf seinem Hof und hatte nicht die Möglichkeit, eine Maschine in entsprechenden Stückzahlen auch zu produzieren. Auf der Suche nach einer Lösung hat sich schließlich die Firma Holmer als gangbarer Weg  herauskristallisiert. So kam es, dass Paintner zehn Jahre für Holmer entwickelt hat. Diese Zusammenarbeit wurde auf den Maschinen durch den Aufkleber “Holmer – System Paintner” dokumentiert. Nach einigen Jahren sind aber die beiden Firmen eigene Wege gegangen. Dann ist man sich einige Jahre später noch einmal näher gekommen, aber seit Alfons Holmer nicht mehr der Eigentümer ist, existiert auch die Zusammenarbeit nicht mehr. Jetzt sind wir Wettbewerber.

 

Womit hat sich Michael Gruber vor dem Eintritt in das Unternehmen Ropa beschäftigt?
Ich bin als das älteste von fünf Kindern auf einem landwirtschaftlichen Betrieb hier in der Umgebung aufgewachsen. Habe mit rund zwölf Jahren schon angefangen, an den Landmaschinen herum zu basteln, das hat mir riesigen Spaß gemacht. Nach einer Lehre zum Maschinenbauer in einer anderen Firma habe ich schließlich hier bei Ropa im April 1990 in der Fertigung angefangen. Da habe ich anfangs rund zwei Monate lang Vollernter-Hauptrahmen geschweißt. Stück für Stück hat sich dann aber mein Aufgabenspektrum erweitert. So war ich bereits an der Entwicklung einer eckige Kabine mit aufklappbarer Frontscheibe beteiligt und habe auch die Umstellung von Handhebel-Ventile auf Elektromagnet-Ventile begleitet.

 

 

Als Mann mit langjähriger Kundendiensterfahrung kennt Michael Gruber
die Problemzonen von Zuckerrüben-Vollerntern.

 

 

1992 musste ich dann zur Bundeswehr, aufgrund einer Sportverletzung konnte ich aber nicht in der Werkstatt tätig sein sondern musste mich mit dem Posten als Fernschreiber zufrieden geben. Um´s klar zu sagen, ich hatte keine Arbeit und so habe ich mich mit einem primitiven CAD-Programm am Laptop beschäftigt. Bis zur Entlassung bei der Bundeswehr hatte ich die bislang nur in Form von handschriftlichen Skizzen vorhandenen Hydraulikschaltpläne der Ropa-Maschinen in eine CAD-Struktur übergeführt.

Auch habe ich mich zu der Zeit schon mit dem Erstellen von Betriebsanleitungen beschäftigt. Als ich aus der Bundeswehr entlassen wurde, ist auch Herr Rockermeier aus der Ropa ausgeschieden. Er war von der Firmengründung an in der Firma der Kundendienstleiter. Ganz nach dem Motto „Einer muss es halt machen“ habe ich schließlich im Alter von 22 Jahren diese Funktion übernommen. Von da an war ich überall dabei: auf Vorführungen wie auf Messen. So hat in dieser Zeit ein kleiner, harter Kern die Maschinen in Riesenschritten weiterentwickelt. Mittlerweile habe ich aber jemanden neben mir, der die Kundendienstleiterfunktion eigentlich schon mehr ausfüllt wie ich. So bin ich heute phasenweise in den Vertrieb, aber auch in die Produktionsplanung mit eingebunden. Arbeite zudem in der Produktentwicklung mit, wenn es um Antriebe, Hydraulik, Elektrik und Steuerungstechnik geht.


Wir haben eingangs über die Firmenchronik gesprochen. Nun bitte etwas über die Technikchronik. Was waren die technischen Meilensteine in der Entwicklung der Ropa-Zuckerrübenmaschinentechnik?
1987 haben wir mit der Produktion der so genannten Lademaus, wie sie in der Fachwelt genannt wird, begonnen. Dieses Gerät übernimmt das Reinigen und Laden der Zuckerrüben von der Miete am Feldrand auf den Lkw. Mit diesem geht die Ladung schließlich in die Zuckerfabrik. Im Jahr darauf begann die Neukonstruktion eines Zuckerrübenvollernters, der auf dem Markt den durchschlagenden Erfolg bringen sollte. Durch eine neuartige Rahmenkonstruktion, die eine großvolumige Bereifung ermöglichte, konnten 35 % mehr Rüben im Bunker untergebracht werden als bei allen Wettbewerbern.

Um den immer größer werdenden Ansprüchen in Leistung und Produktivität gerecht zu werden, haben wir 1992 den bis dahin weltgrößten Bunkerköpfroder mit 35 m³ (22 t) Bunkerinhalt in dreiachsiger Ausführung konzipiert. Im selben Jahr ist bei der Maus die Aufnahmebreite von 6,7 m auf 8,3 m erhöht worden. 1996 wurde die Kettenaufnahme bei der Maus von der Walzenaufnahme abgelöst. Das patentierte Zwickwalzensystem ermöglicht es, den abgereinigten Schmutzanteil auf die gesamte Aufnahmebreite zu verteilen.

1998 schließlich ist das Entstehungsjahr des euro-Tigers und der euro-Maus. Die besonderen Merkmale: Eine mit mehr Komfort ausgestattete Kabine ermöglicht beste Einsicht auf die Arbeitsaggregate und freie Rundumsicht zur Orientierung im Arbeitsablauf. Die ausgefeilte Elektronik übernimmt die Steuerung und Überwachung der mechanischen Abläufe. Verbesserungen in der Hydraulik und beim Dieselmotor erhöhen die Leistung und Einsatzsicherheit der Maschine. Um die Wendigkeit des euro-Tigers zu erhöhen, hat Ropa 2001 den Knickwinkel von 15° auf 30° erweitert.

Nun kommen wir zum Herzstück eines jeden Zuckerrübenvollernters und das ist das Rodeaggregat. Seine Funktion bestimmt die Leistungsfähigkeit der Maschine. So haben wir  im Jahr 2005 nach 2-jährigen Versuchen die ersten neuentwickelten PR-Rodeaggregate in Serie gebaut. Ebenfalls seit 2005 wird der euro-Tiger V8 in Serie gefertigt. Umfangreiche Neuentwicklungen, insbesondere im Bereich der Steuerungs- und Regelungstechnik in Verbindung mit einem neuartigen Hydraulikkonzept und elektronischer Load-Sensing-Anlage, machen den euro-Tiger V8 zum weltweit leitungsfähigsten Rübenvollernter. Weitere Meilensteine folgten: 2006 wurde erstmals die neu entwickelte euro-Maus 3 vorgestellt.

2010 präsentierten wir eine vollkommen neue Generation des selbstfahrenden Reinigungsladers für Zuckerrüben mit völlig neuen Dimensionen und über 10,2 m breitem Aufnahmesystem. Durch den eigens von Hermann Paintner entwickelten und über neun Meter langen Gegengewichtsarm ist die neue Maus unverkennbar und bietet selbst bei verlängerter Überladeweite höchste Standsicherheit. Zur Ropa-Hausvorführung im gleichen Jahr präsentierten wir  mit der euro-Maus 4 den bisher größten Rübenreinigungslader. Und um die Aufzählung der vielen Meilensteine aktuell abzurunden, noch ein kurzer Rückblick auf die letzte Agritechnica in Hannover: Die Messe war für uns ein voller Erfolg. Die Neuheiten des euro-Tigers V8-4 mit dem praxisbewährten Micro-Topper sowie die euro-Maus 4 mit dem markanten Gegengewichtsarm und abhebbarer Kabine standen im Fokus der Besucher.


Die Meilensteine noch einmal ganz speziell fokussiert auf die Antriebs- und Steuerungstechnik…
Wenn man zurück schaut auf die Technik, wie ich vor 22 Jahren angefangen habe, da gab es noch viele Kettenantriebe und wartungsintensive Bauteile. Ein Riesenfortschritt war der Umstieg von Dieselmotor mit Seilzuggas auf den elektrisch angesteuerten Dieselmotor. 1998 waren in der Serie alle unsere Maschinen mit elektrischer Einspritzpumpe, also mit EDC-Regelung, ausgeführt. 1999 schließlich wurde die Serie mit automotivem Fahrantrieb ausgeliefert. Zu der Zeit hat kaum einer gewusst, was darunter zu verstehen ist. Der nächste bedeutende Schritt war dann der via CAN-Bus gesteuerte Dieselmotor, das war 2002.

Immer schon sehr wichtig war für uns das Thema Achsen und da haben wir mit der italienischen Firma Omsi einen sehr guten Entwicklungspartner gefunden. Im Rahmen dieser Partnerschaft ist beispielsweise 1994 eine Portalachse entwickelt worden, die heute in jeder Ropa- und Holmer-Maschine verwendet wird. Ein maßgeblicher Schritt in der Produktentwicklung war, dass man Hydraulikventile zu 100 % aus dem Rechner ansteuern konnte. Ich rede hier von der Digitalhydraulik. Neben anderen Vorteilen haben wir damit schlagartig beispielsweise auch Fahrerfehler und Bedienerfehler in den Griff bekommen. Damit konnten wir hinsichtlich der Maschinen-Diagnose eine riesigen Schritt nach vorne machen.

 

 

ROPA stellte den euro-tiger V8-4 unter anderem auf der Agritechnica 2011 aus. Bild: Franz Graf

 

 

Ein markanter strategischer Schritt für uns war auch, dass wir den Neueinstieg in die eigene Roderentwicklung vollzogen haben. Zehn Jahre lang haben wir den Rodevorsatz von Holmer bezogen. Unser Roder ist von Anfang an gleich so im Baukastensystem konzipiert worden, dass man nicht ausschließlich auf die sechs Reihen beschränkt war. 2005 sind die ersten sogenannten XL-Maschinen ausgeliefert worden, die acht oder auch neun Reihen abernten können. Weltweit sind davon mittlerweile 75 Maschinen unterwegs.

Im Jahr 2002 ging es dann los, dass wir uns mit den Themen Dieseleinsparung und Wirkungsgradverbesserung intensiver beschäftigt haben. Vor diesem Hintergrund haben wir seinerzeit die neuentwickelte Maschine mit 50 % mechanischem Antrieb und 50 % hydraulischem Antrieb realisiert. Dabei ist uns der Einfluss der Dieselmotordrehzahl so richtig bewusst geworden, was dazu führte, dass wir eine Umstellung vollzogen haben: von kleinem Hubraum hoch ausgelastet hin zu großem Hubraum niedriger ausgelastet. Konkret: von 12,8 l Hubraum auf 16 l, von sechs auf acht Zylinder. Das hat zwar die Maschine in der Herstellung verteuert, aber den Energieverbrauch enorm reduziert. Wir sind dann runter gegangen von der typischen Rodedrehzahl 1750 auf 1250 Touren. Im Rahmen der Umstellung auf den 100%- Hydraulikantrieb sind alle Zahnradpumpen durch Regelpumpen ersetzt worden. Seit 2006 gibt es praktisch keinen Ropa-Vollernter mehr, der einen auf Zahnradpumpe aufgebauten Arbeitsantrieb  installiert hat.

 

Die permanenten Veränderungen der Abgasstufen ist eine eigenes Thema…
…das ist wohl war. Die Umstellung von Abgasstufe 2 auf Abgasstufe 3A im Jahr 2006 war ja wieder so ein Sorgenkind, weil da der Dieselverbrauch wieder gestiegen ist. Da haben wir im Vollernter hydraulisch dann die letzten Register gezogen – durch Änderungen am Fahrantrieb: von ursprünglich zwei Verstellmotoren hin zu einem Konstant- und einem Verstellmotor. Das führte dazu, dass die Maschinen mit Abgasstufe 3A bei uns sparsamer arbeiten wie die mit Abgasstufe 2.

 

Inwiefern haben Sie Ihre Maschinen angepasst, um der neuen Abgasnorm 3B zu entsprechen, die seit 2011 in Kraft ist?
Wir haben den Vollernter euro-Tiger V8-3 weiterentwickelt auf V8-4b. Hier waren die Eingriffe noch überschaubar, da die Kühlanlage vollständig beibehalten werden konnte, da aus dem V8-3 große Reserven in der Ladeluftkühlung vorhanden waren und diese nun aufgebraucht wurden. Im Moment integrieren wir wieder den alten 3A-Motor in den euro-Tiger V8-4a. Das brauchen wir für den Export in Ost-Länder, damit die Produktion des bisherigen Modells euro-Tiger V8-3 künftig eingestellt werden kann. Bei der euro-Maus 3 wurde keine Anpassung an die Abgasstufe 3B vorgenommen. Bei der euro-Maus 4 wurde bereits 2010 die Abgasstufe 3B in die Maschine mit rein entwickelt. Dieses Modell ist derzeit nicht mit Motor in 3A lieferbar.

 

Die Abgasnorm 4 steht schon vor der Tür. Was geht Ihnen da durch den Kopf?
Ab 2014 müssen wir die Abgasstufe 4 in der EU erfüllen und in Russland braucht´s dann maximal 3A – also zwei Stufen weniger. Wenn man nun pro Modell bei Stückzahlen von etwa 50 bis 150 Maschinen jährlich auch noch zwei unterschiedliche Motoren einbauen muss, dann fragt man sich schon, was das soll. Da aber nach heutigem Stand die Stufe 4-Motoren völlig anders ausschauen werden wie die 3A-Motoren, verschärft sich die Problematik damit noch zusätzlich. Und 2014 ist nicht mehr so weit weg. Das grundsätzliche Problem ist, dass man aufgrund der Gesetzeslage etwa 50 % seiner Entwicklungsleistung verschießt, ohne dass man dabei mit der Zuckerrübe zu tun hat. Das ist haarstr
äubend.




Der Zuckerrübenvollernter von Ropa beim Rodevorgang.

 

Sie haben einen fahrbereiten Prototyp mit vollelektrischem Fahrantrieb. Wie wird sich Ihrer Meinung nach bei den Vollerntern in den nächsten Jahren die Gewichtung von Hydraulik und Elektrik verändern?
In den nächsten drei, vier Jahren wird sich da nicht viel ändern. Die Hydraulik wird noch etwas sensibler werden müssen, die Elektrik wird noch leistungsfähiger und die Sensorik wird zunehmend b
esser. Längerfristiger betrachtet sieht es sicherlich anders aus, das können wir schon heute aus den ersten Ergebnissen von Fahrten mit unserem Prototypen ableiten. Wir haben bislang nur ein Feld roden können. Obwohl die Software noch lange nicht optimiert ist, bietet der elektrische Fahrantrieb Möglichkeiten, die man sich als Maschinenbauer, der sich immer mit der Hydraulik beschäftigt, gar nicht vorstellen kann.

Ich bin ganz begeistert von der Beobachtung, wie schnell so ein elektrischer Antrieb reagiert. Innerhalb von Millisekunden macht der, was er machen soll – auf die Umdrehung oder auf den Newtonmeter genau. Man sieht, dass da ein Wirkungsgrad von 90 % vom Generatoreingang zum Motorausgang tatsächlich realistisch ist. Das hätten wir auch nicht so geglaubt. Kurzum: der elektrische Antrieb wird eine Zukunft haben. Sobald die entsprechende Zulieferszene aus dem Dornröschenschlaf erwacht und sich auf die Bedürfnisse der Mobilbranche einstellt, geht es hier gewaltig vorwärts. Bis das so weit ist, werden unserer Meinung nach vermutlich noch rund acht bis zehn Jahre vergehen.

 

Hat die Elektrik auch Nachteile?
Keine Frage, riesige Nachteile sogar: der Bauraum. Die Elektrik hat in etwa die Hälfte der Hydraulik-Leistungsdichte. Sie braucht demnach den doppelten Platz, ist doppelt so schwer und ist mehr als dreimal so teuer. Nachteilig ist auch: man sieht im Gegensatz zur Hydraulik den Strom nicht. Wenn in der Hydraulik etwas undicht ist, sieht man´s und repariert. Das ist beim Strom nicht so. Da kommen auf den Kundendienst neue Herausforderungen zu. Und nicht zu vergessen: Wir fahren ja nicht mit 24 Volt, sondern momentan mit nicht ganz ungefährlichen 700 Volt.

 

Als Mann mit langjähriger Kundendiensterfahrung kennen Sie insbesondere die Problemzonen von Zuckerrüben-Vollerntern. Wo liegen die Schwachstellen?
Wenn die Qualität der unendlich vielen Einzelkomponenten o.k. ist und bei der Montage alles richtig gemacht worden ist, funktionieren die Maschinen 100%ig. Die Schwachstelle liegt hauptsächlich beim Menschen: Das kann beim Schweißer, in der Montage oder beim Vorlieferanten sein. An der Stelle sei erwähnt: Nach zehn Jahren kommt kaum eine Maschine in den Ruhestand. Meistens werden die Fahrzeuge vom ersten Betreiber zwischen drei und sechs Jahre gefahren und verbringen dann ein Leben lang mit ein bisschen weniger Leistungsanforderung beim nächsten Besitzer.

 

An welchen aktuellen Projekten arbeiten die Ropa-Ingenieure derzeit?
Wir arbeiten momentan wie üblich an mehreren Baustellen. Aber das größte Projekt, das wir derzeit verfolgen, ist ein kleiner Vollernter.  Hier haben wir es mit dem Thema Fullliner zu tun. Wenn der Kunde eine Verlademaus von uns hat und den ganz großen Vollernter, dann will er unter Umständen auch ein kleineres Vollernter-Modell. Jetzt ist die große Kunst, die hohen Erwartungen – von Ropa erwartet ja der Kunde immer das Beste bei Rübenerntemaschinen – auch zu erfüllen. So gesehen ist hier unser bekannter euro-Tiger der Maßstab. Wir werden im Normalfall in der kommenden Saison ein oder zwei Prototypen auf dem Feld haben und 2013 in Vorserie gehen.

 

Was nervt Sie im Berufsalltag am meisten?
Das sind mehrere Dinge. Wir arbeiten ja mit sehr vielen Komponenten-Zulieferern zusammen. Und eines kann man definitiv beobachten, wenn es um Schadensabwicklungen geht: mit der Größe eines Unternehmens steigen auch die Probleme. Da geht es dann um Schuldzuweisungen, um Kompetenzgerangel und vieles mehr. Da gibt es dann Phasen, die nicht mehr lustig sind. Man muss es ja so sehen: Die Maschinen sollen während er Saison rund um die Uhr möglichst störungsfrei laufen. Andererseits sind enorme Terminzwänge gegenüber den Zuckerfabriken vorhanden. Und wenn Sie dann vor diesem Hintergrund mit Zulieferern über deren Schwierigkeiten bei internen Produktionsabläufen diskutieren müssen, nervt das schon gewaltig. Nervig sind auch die viel zu langen Lieferzeiten bestimmter Komponenten. Wir halten ja die Zulieferer über unsere geplanten Produktionszahlen permanent auf dem Laufenden und dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass unsere Offenheit auf taube Ohren stößt. Die Liste der Negativbeispiele könnte ich jetzt beliebig fortsetzen. Aber lassen wir´s mal gut sein.

 

Was machen Sie am liebsten, wenn Sie einmal nicht ans Geschäft denken?
Wenn ich einmal nicht an die Arbeit denke, dann denke ich an das Fliegen mit dem Gleitschirm – am liebsten in den Alpen. Ich habe jetzt fünf Flugsaisonen hinter mir und hätte nie geglaubt, dass das so viel Spaß macht und alle geistigen Blockaden sofort in Luft auflöst.

 

Wenn Sie all die vielen Jahre bei Ropa Revue passieren lassen, gab es sicher Höhen und Tiefen. Welche davon sind in Erinnerung geblieben?
In technischer Hinsicht verbinde ich die Tiefen damit, wenn sich bei ausgelieferten Maschinen im Praxiseinsatz ein Serienfehler herauskristallisiert. Und das vor dem Hintergrund, dass man im Vorfeld alle angefallenen Kleinigkeiten verbessert hat. Wir hatten im Jahr 2007 so einen Fall. Innerhalb einer Woche sind bei einem Kunden in Russland, der 23 Maschinen gleicher Bauart im Einsatz hatte, acht Hydraulikpumpen am Fahrantrieb ausgefallen. Anfangs konnten wir die Ursache nicht ausmachen, da es die Pumpen in seine Einzelteile zerlegt hat. Dieser Schaden war bislang an in Deutschland seit vielen Jahren im Einsatz befindlichen Maschinen nicht aufgetreten. Unter Mithilfe des russischen Kunden konnten wir schließlich die Ausfallursache ermitteln. Es war uns aufgefallen, dass aufgrund der sehr langen Felder in Russland die Maschinen dort beinahe ausschließlich vorwärts unterwegs sind. Diesem extremen Fahrprofil war ein kleines Detailteil im Innern der
Pumpe nicht gewachsen. Über eine bessere Materialgüte haben wir das Problem schließlich in den Griff bekommen. Die Problemlösung  fällt natürlich umso leichter, wenn der Komponentenzulieferer mitspielt.

 

 

Michael Gruber is rundum glücklich und zufrieden, wenn er bei untergehender Sonne
den Fahrer mit seinem Gefährt beobachtet, wie er scheinbar mühelos mit Lenkautomat
und Tempomat auf und ab rodet.

 

 

Nun aber zu den Höhen und ich möchte das mal bewusst so emotional darstellen: Man freut sich, wenn man am Feld steht und bei untergehender Sonne den Fahrer mit seinem Gefährt beobachtet,  wie er scheinbar mühelos  mit Lenkautomat und Tempomat auf und ab rodet. Der Turbo am Dieselmotor glüht fast, der Grenzlastregler regelt auf Anschlag und der Fahrer erntet offensichtlich sorglos das Zuckerrübenfeld ab – das sind dann die Momente, die einen rundum glücklich und zufrieden machen. Dann denkt man auch: das soll uns erst einmal einer nachmachen beziehungsweise besser machen. Wir haben nun mal den Ehrgeiz und Ansporn, sehr hochwertige und ausgefeilte Maschinen zu bauen. So gesehen wäre es regelrecht langweilig und auch wenig förderlich, wenn man keinen Wettbewerber hätte. Der Wettbewerb muss nur fair ablaufen.

 

 

"fluid", Ausgabe 03/12